Pflanzen des Monats 2018

Mai

Dezember: Rot und Grün – beliebter pflanzlicher Weihnachtsschmuck

Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium L.) beim Heilpflanzengarten. Foto: Deborah Schäfer
Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium L.) beim Heilpflanzengarten. Foto: Deborah Schäfer

In unseren Breitengraden ist die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium L.) eine der wenigen immergrünen Laubbäume. Die dunkelgrün glänzenden, stachligen Blätter und die leuchtend roten Steinfrüchte, welche ab November während des ganzen Winters zu sehen sind, tragen dazu bei, dass die europäische Stechpalme zur Weihnachtszeit als Dekorationsschmuck verwendet wird. Die abgeschnittenen Blätter und Früchte halten sich lange und werden, vor allem in Grossbritannien und Nordamerika, zum Binden von Kränzen und Girlanden benutzt. Die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium L.) kommt von Nordeuropa bis Nordafrika vor, wo sie in Gebieten mit milden Wintern und nicht allzu trockenen Sommern wächst. Der deutsche Name leitet sich davon ab, dass in gemässigten Zonen am Palmsonntag aus Mangel an echten Palmen, Zweige der europäischen Stechpalme geweiht wurden.

Die europäische Stechpalme hat zahlreich symbolische Bedeutungen. Schon zu Zeiten der Germanen wurde sie zum Schmücken von Wohnräumen genutzt, da sie aufgrund ihrer Farben als Symbol für Hoffnung (grün) und Liebe (rot) galt. Ihrer Fähigkeit ein undurchdringliches Dickicht zu bilden, machte sie zum Symbol für Schutz vor dem Bösen.

Die europäische Stechpalme ist jedoch auch ökologisch eine wichtige Pflanze. Die roten Steinfrüchte, welche nur auf weiblichen Individuen zu finden sind, dienen im Winter als wichtige Futterquelle für verschiedene einheimische Vögel. Obwohl die Steinfrüchte Giftstoffe enthalten, schaden sie den Vögeln nicht. Nachdem die Früchte mehrere Male Frost erlebt haben, werden sie weich und damit für die Vögel geniessbar. Die Samen überleben die Verdauung ohne Schaden zu nehmen und können so verbreitet werden.

Verschiedene kleine Vogelarten benutzen die Stechpalme im Winter als Schlafplatz, der Zitronenfalter nutzt sie als Überwinterungsstätte und die im Mai zu sehenden, weissen Blüten sind wichtige Quellen von Nektar und Pollen als Nahrung für Bienen.

Text: Deborah Schäfer

November: Per Schleudersitz ins neue Leben

Foto: Westlicher Erdbeerbaum
Kongo-Liesschen (Impatiens niamniamensis Gilg.) im Palmenhaus. Foto: Nicolas Küffer

Eine der spektakulärsten Formen der Samenverbreitung ist der Schleudermechanismus. Wir kennen diesen von den einheimischen, vor allem bei Kindern beliebten Springkräutern (Impatiens sp.). Momentan blüht im Palmenhaus des BOGA das Kongo-Liesschen (Impatiens niamniamensis Gilg.), eine dem Springkraut nahe verwandte Art aus den afrikanischen Tropen. Auch dieses verbreitet die Samen per Schleudermechanismus, welcher für die ganze Gattung typisch und namensgebend ist - Impatiens bedeutet «ungeduldig». Die einheimischen Springkräuter und das Kongo-Liesschen gehören zu den Balsaminengewächsen (Balsamicaceae).

Wie die meisten tropischen Pflanzen ist das Kongo-Liesschen immergrün und nicht frostresistent. Es besteht aus einem holzähnlichen, sukkulenten Stämmchen. Als sukkulent bezeichnet man ein Pflanzenorgan, welches verdickt ist und zur Wasserspeicherung dient. Am Grunde von den bis zu 10 cm langen, dunkelgrünen Blättern wachsen auffällige Blüten.

Die an einen Papageienschnabel erinnernden Blüten sind rot-gelb gefärbt, eine Farbkombination welche typisch ist für Blüten, die durch Vögel bestäubt werden. Verschiedene Vögel mit langem Schnabel trinken den Nektar am Ende des langen, stark gebogenen Blütensporns und Bestäuben dabei die Blüten.

Aus den bestäubten Blüten entstehen später die Früchte, wie wir sie von den bei uns heimischen Springkräutern kennen. Die Früchte sind Kapseln, die sich bei entsprechender Reife  bei Kontakt -  zum Beispiel mit einem Regentropfen oder bei Erschütterungen - explosionsartig öffnen und die Samen wie kleine Kanonenkugeln mehrere Meter weit wegschleudern. So wird abgesichert, dass die jungen Pflanzen, welche aus den Samen wachsen, später nicht in Konkurrenz mit der Mutterpflanze stehen. Im Palmenhaus des BOGA sind die Früchte nur selten zu sehen, da die bestäubenden Vögel hier fehlen.

Text: Deborah Schäfer

Oktober: Unedo - Esse nur eine!

Foto: Westlicher Erdbeerbaum
Westlicher Erdbeerbaum (Arbutus unedo L.) im Mittelmeerhaus Foto: Deborah Schäfer

Der Westliche Erdbeerbaum gehört in die Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae), also in die selbe Familie wie die Alpenrose, die in unseren Bergen wächst, oder die Heidelbeere, welche wir so gerne verspeisen. Seine natürliche Verbreitung liegt im Mittelmeergebiet, geht aber entlang der Atlantikküste bis nach Irland.

Westliche Erdbeerbäume sind kleine Bäume mit rötlich brauner bis grau gescheckter Rinde. Die immergrünen Blätter sind dunkelgrün und etwas lederig, was die Verdunstung des Wassers im trockenen Mittelmeergebiet minimiert. Die Blüten sind weiss und glockenförmig und ab Oktober bis Dezember sichtbar. Während die letzten Blüten am Westlichen Erdbeerbaum noch zu sehen sind, können oft auch schon die ersten, sehr langsam reifenden Früchte betrachtet werden. Reife Früchte sind rot gefärbt und erinnern den Betrachtenden, auch dank ihrer warzigen Oberfläche, an Erdbeeren. Das Fruchtfleisch ist orange und etwas mehlig. Die Früchte schmecken säuerlich und fade und enthalten Gerbstoffe.

Der Teil «unedo» im wissenschaftlichen Namen, bedeutet soviel wie «esse nur eine». Beim Verzehr grösserer Mengen der rohen Früchte können starke Magenschmerzen auftreten. Aus den Früchten kann jedoch Marmelade und Konfitüre sowie Liköre und Schnaps hergestellt werden. In Portugal zum Beispiel wird aus den Früchten der klare Schnaps Medronho hergestellt. Das harte Holz des Westlichen Erdbeerbaumes wird aufgrund seines enorm hohen Heizwert als Brennmaterial genutzt.

Text: Deborah Schäfer

September: Von Humboldt entdeckt – der Wassermohn

Foto: Wassermohn
Wassermohn (Hydrocleys nymphoides (Humb. & Bonpl. ex Willd.) Buchenau) im Humboldtbeet beim Fuchsbrunnen. Foto: Adrian Möhl

Der Wassermohn (Hydrocleys nymphoides (Humb. & Bonpl. Ex Willd) Buchenau) gehört in die Familie der Froschlöffelgewächse (Alismataceae) und stammt aus Mittel- und Südamerika, wo er in kleinen, stehenden Gewässern zu finden ist. Er bildet Ausläufer, durch die er sich vegetativ verbreiten kann und seerosenähnliche Blätter, welche auf dem Wasser schwimmen. Die bis zu 5 cm grossen, schwefelgelben Blüten ragen an langen Blütenstielen aus dem Wasser um von Insekten bestäubt zu werden. Nur kurze Zeit dauert die wunderbare Blütenpracht an. Die Blüten öffnen sich am Morgen und schon am Nachmittag oder spätestens am nächsten Tag sind sie wieder verblüht. Obwohl über den ganzen Sommer immer wieder neue Blüten zu sehen sind, gehört deshalb etwas Glück dazu eine offene Blüte vorzufinden.

Der Wassermohn ist eine der vielen Pflanzen, welche von Alexander von Humboldt, einem wichtigen und berühmten deutschen Naturforscher, auf seiner Forschungsreise nach Südamerika entdeckt worden ist. Im Rahmen der Ausstellung «Botanik in Bewegung – Humboldts Expeditionen» im BOGA, welche noch bis Ende September läuft, ist er deshalb im Humboldtbeet zu finden. Dort wachsen verschiedene Pflanzen, welche entweder von ihm beschrieben oder, um ihm eine Ehre zu erweisen, nach ihm benannt worden sind. Humboldt hat wichtige Grundsteine für die Ökologie gelegt. Er hat als einer der ersten Naturforscher die Pflanzen nicht nur beschrieben, sondern sie mittels interdisziplinärer Forschung in den Zusammenhang mit der Umwelt und der Kultur gebracht.

Text: Deborah Schäfer

August: Hibiskus – oder doch kein Hibiskus?

Foto: Alyogyne huegelii (Endl.) Fryxell
Blauer Hibiskus (Alyogyne huegelii (Endl.) Fryxell) im Australienteil. Foto: Deborah Schäfer

Alyogyne huegelii (Endl.) Fryxell ist eine buschige Pflanze mit vielen Ästen, welche bis 2,5 m hoch und ungefähr gleich breit werden kann. Sie stammt aus Australien, wo sich ihr Verbreitungsgebiet auf den Südwesten begrenzt. Sie gehört in die Familie der Malvengewächse (Malvaceae) und teilt ein spezielles Merkmal, das viele Arten dieser Familie besitzen. Ihre Blüten, welche in einem wunderschönen violett erstrahlen und bis zu 7 cm gross werden, öffnen sich am Morgen und blühen nur einen Tag lang. 

Der wissenschaftliche Name Alyogyne stammt von dem griechischen Wort alytos, was ungeteilt oder vereint bedeutet, sowie von dem griechischen Wort gyne, was so viel wie Frau bedeutet. Dies weist auf den ungeteilten Griffel hin, dem weiblichen Geschlechtsorgan von Blütenpflanzen. Der zweite Teil des Namens, huegelii, bezieht sich auf den Baron Karl von Huegel, einem deutschen Naturforscher, welcher im 19. Jahrhundert viele Pflanzen in Australien gesammelt hat.

Auf Deutsch wird A. huegelii als «Blauer Hibiskus» bezeichnet. Dieser Name ist irreführend, da diese Art weder ein Hibiskus ist, noch die Blüten blau sind. Die Bezeichnung als Hibiskus kommt daher, dass die Pflanze bei der Erstbeschreibung in die Gattung Hibiscus eingeteilt worden ist. Erst später hat Paul Fryxell bemerkt, dass sich die Arten, die heute in die Gattung Alyogyne gehören, durch den ungeteilten Griffel von den übrigen Hibiskus Arten unterscheiden.

Aufgrund ihrer schönen Blüten und der relativen einfachen Vermehrung via Samen oder Stecklingen, ist der «Blaue Hibiskus» eine beliebte Gartenpflanze. Sie ist jedoch nur bedingt frosttolerant, weshalb sie im BOGA in einem Kübel wächst, so dass sie den Winter frostfrei in der Orangerie verbringen kann.  

Text: Deborah Schäfer

Juli: Diplomat des Pflanzenreichs

Gelber Herold (Digitalis ferruginea L.)
Gelber Herold (Digitalis ferruginea L.) Fotos: Katja Rembold & Markus Bürki

Der Gelbe Herold (Digitalis ferruginea L.) gehört zur Gattung der Fingerhüte (Digitalis) innerhalb der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Wie die meisten Fingerhüte, ist der Gelbe Herold zweijährig und bildet im ersten Jahr eine grüne Blattrosette aus. Erst im zweiten Jahr kommt er zur Blüte. Natürlicherweise wächst diese Art in Ungarn, Rumänien, der Türkei und im Kaukasus wo er Temperaturen bis zu -20°C ertragen kann.

Wie auch bei anderen Arten der Fingerhüte, sind alle Teile des Gelben Herolds giftig und der Konsum kann Unwohlsein und Erbrechen hervorrufen. Kontakt mit den Blättern kann allergische Reaktionen auslösen. Richtig dosiert können die giftigen Wirkstoffe (Digitalisglykoside) von Fingerhüten zu medizinalen Zwecken eingesetzt werden, so zum Beispiel bei Herzproblemen. Aus diesem Grund sind auch mehrere Fingerhut-Arten im Heilpflanzengarten des BOGA zu finden.

Während der deutsche Name auf die gelben Bereiche der Blüten anspielt, bedeutet der lateinische Name (ferruginea) «rostrot» und hebt somit die rotbraune Aderung der Blüten hervor, die den Gelben Herold von anderen gelbblütigen Digitalis-Arten unterscheidet.

Der Berufstand „Herold“ war im Mittelalter der offizielle Bote eines Lehnsherrn was heutzutage einem Diplomaten entspricht. Seine prächtigen Blütenstände und seine Frosttoleranz haben dem Gelben Herold im Jahr 2002 eine Auszeichnung der Londoner Gesellschaft für Obst- und Gartenbau (Royal Horticultural Society, UK) als verdiente Gartenpflanze eingebracht. Somit wird der Gelbe Herold seinem Deutschen Namen als Diplomat des Pflanzenreichs voll und ganz gerecht.

Text: Katja Rembold

Juni: Verwirrend begehrte Schönheit

Lorbeerblättrige Zistrose (Cistus laurifolius L.)
Lorbeerblättrige Zistrose (Cistus laurifolius L.) Foto: Markus Bürki

Die Lorbeerblättrige Zistrose (Cistus laurifolius L.) ist weder mit dem Lorbeer noch mit Rosen verwandt, obwohl sie beiden ähnlich sieht.  Die Blätter von C. laurifolius ähneln denen des Gewürzlorbeers (Laurus nobilis), da die beiden im gemeinsamen Lebensraum denselben Umweltbedingungen angepasst sind. Die meist prächtigen Blüten der Zistrosen gleichen Rosen (Rosa ssp.), sind von denen wegen den knittrigen Blütenblättern aber leicht zu unterscheiden. Die Gattung Cistus gehört zur Familie der Zistrosengewächse (Cistaceae) und umfasst ca. 20 Arten, die alle einen strauchigen Wuchs aufweisen. Zistrosen bilden einen Hauptbestandteil der Garigue, einer offenen mediterranen Strauchheidenformation. Cistus laurifolius wächst als bis zu 2 m hoher Strauch im Mittelmeergebiet (Marokko bis Anatolien).

Aus Zistrosen gewinnt man “Labdanum“ (auch “Ladanum“), bei dem es sich um das Harz  verschiedener Arten handelt. Im Sommer tritt unter Sonneneinwirkung das ölige Harz aus den Blättern und Zweigen. Hirten trieben früher ihre Ziegen in das dichte Buschwerk der Zistrosenbestände und kämmten anschliessend die Harzklümpchen aus dem Fell heraus. Der Name kommt aus dem syrisch-phönizischen Sprachraum, wo die Pflanze als Ladan (klebriges Kraut) bezeichnet wird. Es wurde bereits im Mittelalter zur Schönheitspflege sowie als Heilmittel benutzt und dient auch heute noch als Rohstoff für die Parfumindustrie. Gutes “Labdanum“ hat einen lieblichen, dezent an Honig erinnernden Duft.

Zistrosen werden oft von einem Parasiten befallen, dem Zistrosenwürger (Cytinus spp.). Dabei handelt es sich um Vollparasiten, die auf den Wurzeln verschiedener Zistrosen parasitieren und ihnen unterirdisch Wasser und Nährstoffe abzapfen. Nur die Blüten des Zistrosenwürgers kommen an die Oberfläche, damit sie bestäubt und später die Samen verbreitet werden können.

Text: Katja Rembold

Mai: Die Pflanze des Totenreichs

Foto: Weisser Affodill (Asphodelus albus Mill.)
Weisser Affodill (Asphodelus albus Mill.). Foto: Markus Bürki

Der bis über einen Meter gross werdende Weisse Affodill (Asphodelus albus Mill.) aus der Familie der Grasbaumgewächse (Xanthorrhoeaceae), besitzt einen Blütenstand der bis 50 cm lang werden kann. Dieser Blütenstand ist dicht bepackt mit vielen Blüten die jeweils aus sechs weissen Blütenblättern bestehen. Jedes Blütenblatt besitzt einen dunklen Mittelnerv, welcher hungrige Bestäuber zum Zentrum der Blüte und damit zum Nektar führt.

Der Affodill verbringt die für ihn schlechten Monate im Herbst und Winter unterirdisch, in einem verdickten, kurzen Rhizom. Im Frühling entspringt er diesem Rhizom und breitet seine Blütenpracht in den Monaten Mai bis Juli aus. In der Schweiz ist der weisse Affodill nur an wenigen Stellen im Wallis und Tessin anzutreffen. Geht man weiter in Richtung Mittelmeer zu kalkhaltigen, nährstoffreichen und sonnigen Gebieten, kann es jedoch sein, dass man plötzlich auf Wiesen stösst, die vom Weissen Affodill dominiert sind. Aufgrund der giftigen, nadelkristallhaltigen Blätter vermeiden Schafe und Ziegen den Weissen Affodill, weshalb er sich vor allem auch in beweideten Wiesen stark ausbreiten kann. Besonders stark verbreitet ist er in Griechenland. Dort ist es auch, wo der Weisse Affodill seine Assoziation zum Totenreich erlangte.

In der griechischen Mythologie wird die Unterwelt als «Asphodelenwiese» bezeichnet auf denen sich die Geister der Verstorbenen treffen. Noch heute wird der Weisse Affodill dort auf Gräber gepflanzt und symbolisiert den Tod und die Trauer. Dies führte auch zu der erneuten Berühmtheit des Weissen Affodills durch die Harry Potter Bücher, in denen er eine Grundsubstanz des Trankes der lebenden Toten ist.

Text: Deborah Schäfer