Pflanze des Monats 2023
März: Schaftdolde (Hacquetia epipactis (SCOP.) DC)

Wenn nach den langen Wintermonaten im März die Farben ins Alpinum zurückkehren, so ist es immer ein besonderer Genuss, zwischen den Kalkbrocken und entlang der kleinen Wege die ersten Frühblüher zu suchen.
Die inoffizielle Inaugurationschefin
Ein Alpenveilchen macht noch lange keinen Frühling und auch den zahlreichen Krokussen, die nach milden Wintern jährlich früher erwachen, ist nicht zu trauen. Nur zu oft werden allzu Vorwitzige von eisigen Nächten oder spätem Schnee überrascht. Sie können es nicht besser wissen, denn in ihren südlichen Heimatsländern müssen sie mit solchen Widrigkeiten nicht rechnen. Zuverlässiger sind da die Aurikel (Primula auricula) oder die Hungerblümchen (Gattung Draba), Arten der Schweizer Alpen, die wissen, dass einem frühen Frühling mit einer gesunden Skepsis zu begegnen ist. Inoffizielle Eröffnerin des Frühlings im Alpinum ist die Schaftdolde (Hacquetia epipactis): Wenn sie im März ihre leuchtend grünlich-gelben Köpfchen der Frühlingssonne entgegenstreckt, so kann man davon ausgehen, dass sich der Winter verabschiedet hat oder höchstens noch auf einen Blitzbesuch zurückkommt.
Besonderheit der Südostalpen
Die Schaftdolde gehört der grossen Familie der Doldenblütler an und ist also mit Möhren, Fenchel & Co. verwandt. Die relativ kleinen und einfachen Dolden sind von auffälligen Hochblättern umgeben, welchen den Blütenstand zusätzlich attraktiv machen. In der Schweiz kommt die Schaftdolde wild nicht vor, wohl aber in Norditalien, Slowenien bis nach Kroatien, wo sie bis in die subalpine Stufe steigt und in lichten Wäldern anzutreffen ist. Ob man die kleinen Gesellen mit ihren sternförmigen Blütenständen attraktiv findet oder nicht, ist schliesslich Geschmacksache. Auf jeden Fall ist sie eine zuverlässige Frühlingsbotin – ein wahrer Lichtblick nach den düsteren Wintermonaten.
Februar: Bittere Aloe (Aloe ferox Mill)

Je kürzer die Tage, desto dicker die Blütenknospen: Die Aloen sind echte Winterblüher. Darum ist ein Besuch im Sukkulentenhaus im Februar ein besonderer Genuss.
Eine Spargelartige aus Südafrika
Die Bittere Aloe ist im südlichen Afrika weit verbreitet und eine typische Art des trockenen Buschlands und der Savannen. Wie alle Arten der grossen, 587 Arten umfassenden Gattung, gehört sie zu den Spargelartigen und ist folglich sowohl mit dem Gartenspargel als auch mit dem Drachenbaum verwandt. Alle Aloen stammen ursprünglich aus der Alten Welt, sind heute aber auch bis nach Nord-und Südamerika und Australien verschleppt worden. Anders als die ähnlich ausschauenden Agaven, welche in der Regel nach der Blüte absterben, blühen Aloen meist zuverlässig und alljährlich in den Wintermonaten.
Verkehrte Welt und schleimige Blätter
Die Aloe ferox ist wie viele Arten der Gattung ein typischer Winterblüher. In Südafrika blüht sie meist zwischen Juni und August, den Südwintermonaten. Transportiert man sie in die Nordhemisphäre, so verschiebt sich die Blütenpracht um rund sechs Monate. Als typische Kurztagpflanze reagiert sie nämlich auf die Tageslänge. Ihre Knospen bilden sich dann, wenn die Tage kürzer werden und nach der Wintersonnenwende entwickeln und entfalten sich die farbigen Blütenstände fertig. Mit ihren robusten, leuchtend orangen
oder scharlachroten Blüten zieht sie besonders Vögel an, welche sich an ihrem Nektar gütlich tun und die Pflanze gleichzeitig bestäuben.
Die wasserspeichernden Blätter enthalten einen Schleim, der kosmetisch genutzt werden kann. Fast berühmter ist der Blattsaft, welcher sehr bitter und stark abführend ist. Früher war der getrocknete Saft ein beliebtes Abführmittel. Weil die Wirkung aber sehr stark und die Dosierung nicht ganz einfach ist, findet er heute kaum mehr Anwendung.
Im Sukkulentenhaus blühen im Februar verschiedene Aloe-Arten. Man sollte sich den winterlichen Farbenzauber nicht entgehen lassen, bevor die Konkurrenz der einheimischen Frühblüher den südafrikanischen Winterzauber in den Schatten stellt.
Januar: Laternen- Banksie (Banksia ericifolia L.f.)

Wenn die Farben im Januar die Schweiz eher trüb erscheinen lassen, sehnt man sich nach Buntheit, Blumen und frischem Grün. Im neuen Gondwanahaus findet sich all dies und eine leuchtende Laterne dazu: Jetzt strahlen die Blütenstände der Laternen-Banksien besonders schön!
Sir Joseph Banks an der Botany Bay
Banksien gehören zur Familie der Zuckerbuschgewächse, den Proteaceen. Die meisten Arten dieser typischen Gondwana-Familie finden sich in Australien. Ihren Namen verdanken sie dem britischen Botaniker Sir Joseph Banks, einem Wegbegleiter des berühmten Entdeckers James Cook. 1770 sammelte Banks die Laternen-Banksie in der Botany Bay bei Sidney und brachte einen Herbarbeleg dieser Art von seiner Weltreise nach Europa. Dort wurde sie von Carl Linnaeus dem Jüngeren beschrieben, welcher Banks auch gleich mit dem neuen Gattungsnamen Banksia für seine Verdienste ehrte. Cook wiederum benannte die Bucht bei Sidney «Botany Bay» weil seine Begleiter dort so viele spannende Pflanzen fanden – darunter auch die Laternen-Banksie.
Ein Honigtopf, aber nicht für jeden Garten
Banksien sind für ihre üppige Nektarproduktion bekannt. In ihrer Heimat sind sie deshalb für viele Tiere wichtige Nahrungsquellen. Zu den Bestäubern gehören dabei so ungewöhnliche Arten wie die Gelbfuss-Beutelmaus (ein Beuteltier und Verwandter des Kängurus) oder Mosaikschwanzratten, welche zu den Nagetieren gehören, sowie zahlreiche Vogelarten. Während die honigschleckenden Vierbeiner Banksien vor allem mit ihren Schnauzhaaren bestäuben, so erweisen sich Vögel auf der Nektarjagd mit ihren Schnäbeln als nicht weniger wertvolle Bestäuber.
In Australien ist die Laternen-Banksie eine geschätzte Gartenpflanze. Im harschen mittel-europäischen Klima ist die Haltung dieser Art schwierig und kann nur Leuten mit Wintergarten empfohlen werden. Viel einfacher ist es da, die bizarren Blütenstände in der Australienecke des Gondwanahaus zu geniessen – dort blühen sie fröhlich in den tristen Wintermonaten.