Pflanzengeschichten «Herbarbelege»

Im Zentrum einer Facebook-Serie der Universität Bern stand 2023 das Herbarium Bernense. Gezeigt wurde die Vielfalt an Belegen, Arbeitsweisen des Herbarium und ein paar ganz besondere Belege und ihre Geschichte. Folgen Sie hier nochmals der Serie und nehmen Sie Einblick in die Sammlung des Botanischen Gartens.

Herbarbelege

Endemit! 𝘊𝘢𝘭𝘢𝘮𝘢𝘨𝘳𝘰𝘴𝘵𝘪𝘴 𝘭𝘰𝘯𝘢𝘯𝘢 𝘌𝘨𝘨𝘦𝘯𝘣. & 𝘓𝘦𝘪𝘣𝘶𝘯𝘥𝘨.

Herbarbeleg (𝘊𝘢𝘭𝘢𝘮𝘢𝘨𝘳𝘰𝘴𝘵𝘪𝘴 𝘭𝘰𝘯𝘢𝘯𝘢 𝘌𝘨𝘨𝘦𝘯𝘣. & 𝘓𝘦𝘪𝘣𝘶𝘯𝘥𝘨.)

Die Schweiz hat einen neuen «Endemiten», was bedeutet, dass die Art in keinem anderen Land heimisch ist: Die 2023 beschriebene Grasart ist bisher ausschliesslich aus den Walliser Alpen bekannt. Der Originalbeleg (Holotypus) ist im Herbarium des Botanischen Gartens der Universität Bern deponiert. Der Botanische Garten Bern ist zudem der erste Garten, der die Art lebend kultiviert.

Der Älteste: 𝘑𝘢𝘴𝘮𝘪𝘯𝘶𝘮 𝘧𝘰𝘭𝘪𝘪𝘴 𝘰𝘱𝘱𝘰𝘴𝘪𝘵𝘪𝘴 𝘭𝘢𝘯𝘤𝘦𝘰𝘭𝘢𝘵𝘪𝘪

Die Älteste (𝘑𝘢𝘴𝘮𝘪𝘯𝘶𝘮 𝘧𝘰𝘭𝘪𝘪𝘴 𝘰𝘱𝘱𝘰𝘴𝘪𝘵𝘪𝘴 𝘭𝘢𝘯𝘤𝘦𝘰𝘭𝘢𝘵𝘪𝘪)

Unsere ältesten Pflanzen-Belege wurden vor mehr als 250 Jahren gesammelt! Sie sind somit historische Nachweise die zeigen können, wie sich die Verbreitung und Diversität von Pflanzen über die Jahrhunderte verändern. Doch nicht nur die Pflanzen selbst sind bedeutend: Auch das handgeschöpfte Papier und die kunstvolle Montage erzählen ihre Geschichten.

Stark bedroht und teilweise erloschen: 𝘚𝘢𝘹𝘪𝘧𝘳𝘢𝘨𝘢 𝘩𝘪𝘳𝘤𝘶𝘭𝘶𝘴 𝘓.

Stark bedroht (𝘚𝘢𝘹𝘪𝘧𝘳𝘢𝘨𝘢 𝘩𝘪𝘳𝘤𝘶𝘭𝘶𝘴 𝘓.)

Der Moor-Steinbrech (Saxifraga hirculus L.) ist eine kleine, in der Westschweiz vorkommende Sumpfpflanze. Die Art ist stark bedroht und gilt trotz Schutzmassnahmen als beinahe ausgestorben (NE = Nearly Extinct gemäss IUCN-Skala). Mehrere im Herbarium aufbewahrte Exemplare zeugen von Vorkommen im 19. und 20. Jahrhundert, die heute erloschen sind.

Herbarium Bernense goes digital!

Fotostation Digitalisierung

Beim Digitalisieren erhält jeder Beleg eine Inventarnummer, wird fotografiert und in die Datenbank aufgenommen, zusammen mit den Informationen der begleitenden Etikette. Forschende und Interessierte aus der ganzen Welt erhalten so Zugang zur wertvollen Sammlung des Herbarium Bernense.

Schöne Schenkung aus Solothurn: 𝘔𝘦𝘭𝘢𝘮𝘱𝘺𝘳𝘶𝘮 𝘯𝘦𝘮𝘰𝘳𝘰𝘴𝘶𝘮 𝘓.

Schenkung aus Solothurn (𝘔𝘦𝘭𝘢𝘮𝘱𝘺𝘳𝘶𝘮 𝘯𝘦𝘮𝘰𝘳𝘰𝘴𝘶𝘮 𝘓.)

Der Botanische Garten Bern hat 1998 rund 56'000 Herbarbelege des Naturmuseums Solothurn als Schenkung übernommen. Darunter befand sich auch ein Exemplar des stark gefährdeten Hain-Wachtelweizens (Melampyrum nemorosum L.). Zusammen mit den meisten anderen Belegen durchlief es 2022 in Holland eine automatisierte Digitalisierungsstrasse.

Alkoholpräparate im Vorher – Nachher – Vergleich

Vor der Restaurierung waren die Trompetenpfifferlinge (Craterellus tubaeformis) in einem Glycerin-Gemisch eingelegt, das sich über die Jahre trübe verfärbt hatte. Nach der Restaurierung liegt das Präparat in einer klaren Mischung aus Ethanol und Wasser. Die Flüssigkeit konserviert sowohl die dreidimensionale Form als auch die Zellstruktur. Die grüne Glasplatte kam erst bei der Reinigung wieder zum Vorschein und verbessert den Kontrast.

Die Grösste: 𝘈𝘮𝘰𝘳𝘱𝘩𝘰𝘱𝘩𝘢𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘵𝘪𝘵𝘢𝘯𝘶𝘮

Die Grösste (𝘈𝘮𝘰𝘳𝘱𝘩𝘰𝘱𝘩𝘢𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘵𝘪𝘵𝘢𝘯𝘶𝘮)

Sie gilt als grösste «Blume» der Welt, die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) aus Sumatra (Indonesien). Genaugenommen handelt es sich um einen Blütenstand, der mit seinen vielen kleinen Einzelblüten eine Höhe von bis zu 3 Metern und mehr erreicht. Bereits 1936 hat im Botanischen Garten der Universität Bern ein Exemplar geblüht. Der Blütenstand wurde damals in Alkohol konserviert und ist heute Teil der Alkoholsammlung des Herbariums Bernense.

Die tropische Schleierdame: 𝘗𝘩𝘢𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘪𝘯𝘥𝘶𝘴𝘪𝘢𝘵𝘶𝘴

Die tropische Schleierdame (𝘗𝘩𝘢𝘭𝘭𝘶𝘴 𝘪𝘯𝘥𝘶𝘴𝘪𝘢𝘵𝘶𝘴)

Elegant kommt sie daher, die Schleierdame (Phallus indusiatus). Verbreitet ist sie in den Tropen der ganzen Welt. Es handelt sich um einen Pilz aus der Gattung der Stinkmorcheln. Tatsächlich verströmt das braune Hütchen einen für Menschen unangenehmen Duft, der aber Fliegen anlockt, sodass diese die Sporen der Schleierdame verbreiten. In der Sammlung des Herbariums Bernense ist ein Exemplar aus Madagaskar konserviert – ganz geruchsfrei in Alkohol.

 

Trockenpräparate im Vorher – Nachher – Vergleich

Zum Schutz vor Schädlingen wurden Trockenpräparate früher mit Bioziden behandelt. Diese Biozide stellen jedoch bei direktem Kontakt auch für den Menschen ein Gesundheitsrisiko dar. Im Zuge der Digitalisierung werden die Präparate der Trockensammlung gereinigt, soweit möglich von Giftstoffen befreit und neu verpackt. In geschlossenen Dosen können sie nun gefahrenfrei von allen Seiten betrachtet werden.

Die unanständige «Nuss»: 𝘓𝘰𝘥𝘰𝘪𝘤𝘦𝘢 𝘮𝘢𝘭𝘥𝘪𝘷𝘪𝘤𝘢

Die unanständige «Nuss» (𝘓𝘰𝘥𝘰𝘪𝘤𝘦𝘢 𝘮𝘢𝘭𝘥𝘪𝘷𝘪𝘤𝘢)

Die Seychellenpalme (Lodoicea maldivica) kommt ausschliesslich auf den Seychellen vor. Ihre Samen – fälschlicherweise oft als Nuss bezeichnet - sind die grössten im Pflanzenreich und können bis zu 25kg schwer werden. Die meist zweilappigen Samen erregten schon früh Aufsehen als begehrte Sammlungsstücke, da ihre Form an den weiblichen Beckenbereich erinnert. Der Beleg in der Trockensammlung des Herbarium Bernense enthält auch einen Samen mit drei Kammern.

Achtung Wittwenmacher! 𝘗𝘪𝘯𝘶𝘴 𝘤𝘰𝘶𝘭𝘵𝘦𝘳𝘪

Achtung Wittwenmacher (𝘗𝘪𝘯𝘶𝘴 𝘤𝘰𝘶𝘭𝘵𝘦𝘳𝘪)

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Coulter-Kiefer (Pinus coulteri) erstreckt sich vom Südwesten Kaliforniens bis in den Norden Mexikos. Die Zapfen der Kiefernart haben es in sich und werden bezeichnenderweise auch «Wittwenmacher» genannt. Sie werden 20 – 35 cm lang und können bis zu 3 Kilogramm wiegen – ein Rekordgewicht unter den Kiefernzapfen! Fällt einer Person ein Coulter-Kiefernzapfen auf den Kopf besteht durchaus Lebensgefahr. Aua!

Versteinerte Wälder

Nach den Moosen sind Bärlapppflanzen die ursprünglichsten Landpflanzen. Als erste verfügten sie über echte Leitsysteme zum Transportieren von Wasser und Nährstoffen. Dank dieser Neuerung ragten zum ersten Mal Bäume von rund 40m in die Höhe und die ersten Wälder bedeckten die Erde. Die baumförmigen Vertreter der Bärlapppflanzen sind inzwischen ausgestorben. Im Herbarium Bernense lässt sich dieses prähistorische Pflanzenreich aber auch heute noch bestaunen.